Versicherungspflicht für Berufsbetreuer
Ab 2023 bringt die Reform des Betreuungsrechts eine höhere Anerkennung dieses Berufs und sorgt zugleich für eine Qualitätssteigerung in der gesetzlichen Betreuung.
- Eine Vermögensschadenhaftpflicht ist ab dem 1. Januar 2023 gesetzlich vorgeschrieben.
- Mindestversicherungssumme von 250.000 € je Versicherungsfall und 1.000.000 € pro Jahr (4-fach Maximierung).
Inhaltsverzeichnis
- Haftpflicht für Berufsbetreuer
- Wer ist von der Versicherungspflicht betroffen?
- Welche Versicherungssumme?
- Was beinhaltet die Berufshaftpflichtversicherung?
- Haftung begrenzen!
- Was ist versichert? – die wichtigsten Leistungen
- Schäden aus der Praxis von Berufsbetreuern
- Kosten berechnen - Tarife vergleichen

Haftpflicht für Berufsbetreuer - Beratung ohne Haftungsrisiken?
Als selbständiger Berufsbetreuer arbeiten Sie stets im Spannungsfeld zwischen Betreuten, Angehörigen, Krankenkassen und Ämtern. Geraten Sie zwischen den Fronten, wegen eines Mißverständnisses oder Fehlers, können Schadenersatzansprüche mit hohen Forderungen entstehen.
Anders als ehrenamtlich tätige Familienangehörige muss ein Berufsbetreuer mehr als 10 Betreuungen vornehmen oder mindestens 20 Wochenstunden aufwenden (§ 1836 Absatz 1 Satz 4 BGB). Um die persönliche Haftung des Berufsbetreuer zu vermeiden, ob fahrlässig oder grob fahrlässig verursacht, ist eine Vermögensschadenhaftpflicht zu empfehlen und daher auch die Pflichtversicherung vom Gesetzgeber.
Wer ist von der Versicherungspflicht betroffen?
Betroffen sind alle selbständigen Berufsbetreuer, sowie angestellte Mitarbeitende eines Betreuungsvereins (sog. Vereinsbetreuer). Auch Rechtsanwälte und Steuerberater welche die Tätigkeit ausführen, benötigen ein Zusatzvertrag, da die Versicherungssumme zusätzlich zu ihrer Berufshaftpflichtversicherung nach § 51 BRAO bzw. § 67 StBerG bestehen muss.

Welche Versicherungssumme?
Voraussetzung ist eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von mindestens 250.000 € und 1.000.000 € pro Jahr (4-fach Maximierung). Alternativ kann eine Versicherungssumme von 500.000 € oder höher mit 2-fach Maximierung abgeschlossen werden. Die Bereitsstellung der Versicherungssumme von 1.000.000 € pro Jahr ist entscheidend. Ohne diese Versicherung erhalten Sie ab 01.01.2023 keine Zulassung mehr von der Betreuungsbehörde als Berufsbetreuer.
In unserem Online-Rechner finden Sie ausschließlich Tarife, welche die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen.
Was beinhaltet die Berufshaftpflichtversicherung für Berufsbetreuer?

1. Vermögensschadenhaftpflicht - wichtigster Baustein
Wichtig zu wissen, ausschließlich über die Vermögensschadenhaftpflicht sind sogenannte „echte” Vermögensschäden bei beratender, prüfender oder begutachtender Tätigkeit versichert sind. Beispiel: Der Betreuer versäumt die Frist für einen Rentenantrag, sodass ein Teil der Rentenansprüche verjährt ist. Der Schaden kann einige tausend Euro ausmachen.
Beispiele für „echte“ Vermögensschäden:
- Versäumnis, Forderungen des Betreuten vor der Verjährung geltend zu machen
- Versäumte oder verspätete Kündigung von Dauerschuldverhältnissen
- Nichtzustellung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung an Vertragspartner
- Unterlassene Anzeige von Pflichtwidrigkeiten an das Gericht
- Ungenügende Überwachung des Vormunds
2. Betriebshaftpflichtversicherung - optional
Die Betriebshaftpflicht kann zusätzlich mit ausgewählt werden. Die Erfahrung zeigt, dass selten Personen- oder Sachschäden entstehen. Jedoch ist die Absicherung bei Bestehen eines Bürobetriebes dringend zu empfehlen. Versichert sind Personen- oder Sachschäden und nur in Folge dessen auch Vermögensschäden.
Beispiele für Personen- und Sachschäden:
- Betreuter stürzt im Büro über ein Kabel und verletzt sich
- Beim Verschieben eines Tisches wird der Boden vom Betreuten zerkratzt
Haftung begrenzen
Wenn Betreute durch einen Fehler des Berufsbetreuers einen Vermögensschaden erleiden, wird der Betreuer dafür haftbar gemacht. Ansprüche können in unbestimmter Höhe gestellt werden. Es gilt generell der Grundsatz: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 823 Absatz 1 BGB).
Dieses Risiko übernimmt für Berufsbetreuer eine Haftpflichtversicherung. Besonderer Vorteil: Im Versicherungsschutz inklusive ist eine unbegrenzte Nachhaftung. Das bedeutet: Pflichtverletzungen, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrags begangen wurden, aber erst nach dessen Ende zu einem Schaden beim Betreuten führen, sind mitversichert – ohne Nachmeldefrist.
Was ist versichert? – die wichtigsten Leistungen
Die Haftpflichtversicherung für Berufsbetreuer kennt keine einheitlichen Bedingungen, sondern kann sich im Detail je nach Versicherer mehr oder weniger unterscheiden. Die wichtigen Unterschiede finden Sie beim Tarifvergleich in unserem Online-Rechner. Besonders auf „offene Tätigkeits-Deckung” ist zu achten, weil so berufliche Nebenrisiken nicht alle einzeln in der Versicherungspolice genannt werden müssen. Wichtig sind folgende Bedingungen:
versichert:
- Absicherung gegen „öffentlich-rechtliche" Ansprüche
- Abwicklungstätigkeit nach dem Tod eines Betreuten
- Nachhaftung bei Aufgabe der Betreuertätigkeit
- Passive Rechtsschutzfunktion, also Abwehr unberechtigter Schadenersatzforderungen mit Hilfe des Versicherers
- Schäden durch Verzögerung der Leistung
- Vertragliche Haftung (über gesetzliche Haftung hinaus)
- Termin- und Fristversäumnis, beispielsweise durch Planungsfehler
- Fehlerhafte Beratung und Aufklärung
- Verletzung von Rechten zum Schutz vor Diskriminierung
- Datenschutzverstöße
- Verletzung gewerblicher Schutz- und Wettbewerbsrechte
- Internet-Risiko, etwa die Übertragung von Viren, Trojanern
nicht versichert:
- Vorsätzlich herbeigeführte Schäden
- Schäden durch bewusst pflichtwidriges Handeln
- Schäden durch wissentliche Pflichtverletzung
- Gewaltsame Auseinandersetzung
- Geldstrafen, Bußen, Entschädigungen mit Strafcharakter, falls nicht ausdrücklich mitversichert
- Geld oder Wertsachen, Schäden durch Kauf oder Verkauf von Wertpapieren
- Folgeschäden aus nicht oder nicht ordnungsgemäß abgeschlossenen, erfüllten oder fortgeführten privaten Versicherungsverträgen (für Folgeschäden bei Versäumnissen zu Sozialversicherungsverhältnissen besteht dagegen Versicherungsschutz)
Schäden aus der Praxis von Berufsbetreuern
- Versäumte Zahlung von Versicherungsbeitrag: Ein Berufsbetreuer kümmert sich um einen dementen Hauseigentümer in Vermögensangelegenheiten. Als der Mandant in eine Pflegeeinrichtung zieht, steht das Haus leer. Der Betreuer versäumt, den Beitrag für die Gebäudeversicherung zu zahlen und der Versicherer kündigt die Police. Im folgenden Winter verursacht Frost einen Rohrbruch. Schaden: 35.000 Euro. Der Berufsbetreuer haftet, doch sein Haftpflichtversicherer begleicht die Schadensumme.
- Kostenersatzpflicht gegenüber Sozialhilfeträger: Ein Berufsbetreuer hatte übersehen, dass wegen ausbleibender Pachtzinszahlungen die Einnahmen der Betreuten nicht mehr ausreichten, um die Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten. Nachdem der Beitragseinzug der Krankenkasse misslang und auch nach einer Nachfrist der Beitrag ausblieb, kündigte die Kasse. Dadurch erhielt der Betreute im Pflegeheim keine Leistungen mehr – die Sozialhilfe streckte für 15 Monate die Kosten vor und wollte später vom Berufsbetreuer Kostenersatz im sechsstelligen Bereich. Der Berufsbetreuer bestritt grob fahrlässiges Verhalten. Das Landessozialgericht Darmstadt sprach ihn frei, da kein sozialwidriges Verhalten vorlag, sondern „nur“ pflichtwidriges Verhalten gegenüber dem Betreuten (Az.: L 4 SO 193/17). Vor einem Zivilgericht könnten die Angehörigen durchaus Schadenersatz vom Betreuer verlangen. Auch hier würde die Haftpflichtversicherung helfen.
- Verspäteter Antrag auf Sozialleistung: Ein Berufsbetreuer reicht versehentlich einen Antrag auf Beihilfe für den Betreuten zu spät bei der Beihilfestelle ein. Dadurch ist der Anspruch verjährt. Die Angehörigen des Betreuten fordern den Betrag daraufhin in voller Höhe vom Betreuer. Auch hier kommt der für den Schaden auf.
- Schaden durch Kündigung privater Versicherung: Die Kündigung einer zusätzlichen privaten Kranken- und Pflegeversicherung kann zur Schadensersatzpflicht eines Betreuers führen, wenn der Versicherungsfall kurze Zeit nach Vertragskündigung eintritt und der Versicherer deshalb keine Leistung mehr erbringen muss. Allein die Tatsache, dass der Betreute über die finanziellen Mittel zur Beitragszahlung nicht verfügt und durch die gesetzliche Krankenversicherung hinreichend abgesichert wäre, rechtfertigt eine Kündigung nicht, sofern der Versicherungsfall bei Kündigung absehbar war, entschied das OLG Koblenz per Beschluss (Az.: 4 W 79/18). Der Berufsbetreuer sei vor einer Kündigung verpflichtet, eine umfassende Risikoabwägung vorzunehmen. Das kostete ihn letztlich 18.000 Euro, die vom Versicherer übernommen wurde.
- Verpasster Antrag auf SV-Unterstützung bei der Agentur für Arbeit: Ein Berufsbetreuer will ordnungsgemäß bei der Agentur für Arbeit einen Antrag für den Betreuten stellen, damit die Agentur unter anderem Sozialversicherungsbeiträge übernimmt. Doch der Betreute lehnt die Meldung ab und der Berufsbetreuer lässt den Antrag. Als die Krankenkasse schließlich den Beitrag vom Betreuten einfordert, verlangen die Angehörigen, dass der Betreuer dafür aufkommt. Der Haftpflichtversicherer übernimmt auch diesen Schaden (bei einer Privatversicherung hätte er es bedingungsgemäß abgelehnt).
- Pfändung von Altersvorsorgevermögen aus Riester-Vertrag: Im konkreten Fall ging der Insolvenzverwalter davon aus, dass aufgrund des vereinbarten Kündigungsrechtes im Rentenversicherungsvertrag, die Riester-Rente des Betreuten zur Insolvenzmasse gehört und damit der Zwangsvollstreckung unterliegt. Der Berufsbetreuer unternahm nichts dagegen. Das war so lange unabwendbar, bis der Bundesgerichtshof Ende 2017 entschied, dass Altersvorsorgevermögen aus Riester-Renten unpfändbar ist, sofern die vom Schuldner erbrachten Altersvorsorgebeiträge tatsächlich gefördert worden sind und den Höchstbetrag nicht übersteigen. Berufsbetreuer sind nun verpflichtet, bei Vermögensvorsorge und Vertretung in Insolvenzverfahren gegen eine Pfändung von Altersvorsorgevermögen aus Riester-Renten vorzugehen (Az.: IX ZR 21/17).

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Der Jahresbeitrag (inklusive 19 Prozent Versicherungssteuer) richtet sich nach Art, Anzahl und Umfang der Betreuungen, kann sich also von Fall zu Fall deutlich unterscheiden. Beispiel: Berufsbetreuer ist Existenzgründer und startet ohne Mitarbeiter, 25.000 Euro Jahresumsatz erwartet und gewünschte Versicherungssumme von 250.000 Euro für Vermögensschäden. Dieser bezahlt laut aktuellen Tarif-Vergleich zwischen 14,53 € und 31,73 € monatlich (Laufzeit: 3 Jahre). Bei höheren Deckungssummen von 2.000.000 Euro gehen die Beiträge bis auf 200 € monatlich nach oben, wie das Ergebnis im Finanzchecks Online-Rechner belegt.
Rabatte im Online-Rechner, die den Beitrag senken, gibt es vor allem für Existenzgründer (bis 50 Prozent) oder bei längeren Laufzeiten als ein Jahr (bis 10 Prozent). Diese sind in unserem Online-Rechner entsprechend berücksichtigt.
Unabhängiger Vergleich und Tarifbewertungen unserer Versicherungsexperten
Welche weiteren Versicherungen empfehlenswert sind
- Firmenrechtsschutz - Die private Rechtsschutzversicherung übernimmt keine Streitfälle, die mit Ihrer Selbständigkeit zu tun haben. Und die Vermögensschadenhaftpflicht wiederum übernimmt nur Vermögensschäden, die Sie Betreuten oder anderen Dritten zufügen. Kommt es zu sonstigen beruflichen Streitfällen, schützt einzig die Firmenrechtsschutz-Police vor den finanziellen Risiken eines Gerichtsprozesses, den sie anstrengen wollen. Beispiele: Ärger in geschäftlich genutzten Räumlichkeiten, Streit mit Angestellten oder auch Verkehrsdelikte mit dem Firmenwagen. Privat-Rechtsschutz lässt sich ebenso einschließen wie Verkehrs-Rechtsschutz sowie Spezial Straf-Rechtsschutz für Berufsbetreuer.
- Inhaltsversicherung - Da Berufsbetreuer in der Regel ein eigenes Büro samt Ausstattung unterhalten, sollte der Büroinhalt gegen Einbruchdiebstahl sowie Schäden durch Feuer, Blitzschlag, Leitungswasser, Sturm und Hagel sowie Vandalismus und Raub (außerhalb des Büros) mitversichert werden. Das ist quasi die „Hausratversicherung für die Firma“. Da kommen oft Werte von 20.000 Euro (= Versicherungssumme) und mehr zusammen.
- Unfallversicherung - Selbstständige können sich freiwillig gesetzlich gegen Unfälle versichern lassen. Leistungsstärker ist jedoch eine private Unfallversicherung, weil sie das Unfallrisiko nicht nur während der gewerblichen Tätigkeit, sondern rund um die Uhr und weltweit absichert. Noch besser ist allerdings eine Berufsunfähigkeitsversicherung, weil sie eine Rente bei Invalidität nicht nur durch Unfall zahlt, sondern auch durch Krankheit.